Visselhövede gehörte in germanischen Zeiten zum Sturmigau, mit Verden als Sitz einer Diözesanverwaltung (nach Christianisierung durch Karl den Großen). Es gab noch zwei weitere Verdener Graue (Waldsati und Mosidi), die später mit den drei bremischen Gauen (Wigmodien, Hostingabi und Heilanga) zum Gau Wigmodi zusammengefasst wurden. Der Name „Sturmigau“ dürfte sich von einem Volksstamm ableiten, die zu Ureinwohnern dieses Gaues wurden. Es handelte sich dabei um den Volksstamm der Nordalbinger, die sich aus den Stormarii (Stormarn), den Thiedmarsi (Dithmarschen) und den Holsatii (Holstein) zusammensetzten.
Eine der ältesten Urkunden, die aus unserer Gegend erhalten geblieben ist, (jedoch nur in Abschrift, da die Urkunde selbst verschollen ist) stammt aus Lüdingen und wurde um 1300 in plattdeutscher Sprache geschrieben. Alle anderen Urkunden aus dieser Zeit, bis um 1600, wurden sonst in Latein zu Papier gebracht. Danach kamen bei amtlichen Urkunden die deutsche Sprache zur Verwendung, meist in der sog. Sütterlinschrift. Gesprochen wurde aber nur Plattdeutsch.
Mit zunehmender Bürokratisierung der Behörden und Ämter kam das Hochdeutsche immer mehr auf und verdrängte allmählich die plattdeutsche Sprache. Ende des 19. Jahrhunderts versuchte der Hannoversche Verein, diesem Trend entgegen zu steuern, in Verbindung mit z.B. dem „Theaterklub Visselhövede“. In Visselhövede wurde, wie durch einen Zeitungsartikel überliefert, am Sonnabend, den 15. Oktober 1921, in Eggers Saal ein plattdeutscher Abend durchgeführt, welcher gut besucht war, meistens von der Landbevölkerung. Denn auf dem Lande wurde damals kaum Hochdeutsch gesprochen. Dieser plattdeutsche Abend begann mit einem Vorspruch „De Heimat“, vorgetragen von einem Jungmann des Visselhöveder Wanderbundes, darauf folgte das von Rektor Husmann aus Speckenbüttel gedichtete Lied „Lewet Hannoverland“, welches heute wohl vergessen ist. Nach abwechselnden Vorträgen, Anekdoten und Liedern (u.A. auch „Wenn du en gode Husfro best“) spielte der Theaterklub das Stück „Wigmodien.“. Es spielte in der engeren Heimat und zeigte die Freud- und Schadenseiten des Bauernlebens. Der Erfolg des Theaterstücks war so durchschlagend, dass man es kurzfristig wiederholte. Hermann Hüner (Harber) und Rektor Husmann sprachen die Schlussworte.
Der Ablauf des Abends war ähnlich der bei den einige Jahrzehnte später aufgeführten Theaterstücken des Plattdeutschen Vereins, gegründet 1952.
Das Oberlandesgericht in Oldenburg hat in einer Entscheidung das Plattdeutsche als Verhandlungssprache (Gerichtssprache) zugelassen.
Ab 1933 begann die Gleichschaltung aller kulturellen Tätigkeiten. Die Nationalsozialisten verfügten die Übernahme des Hannoverschen Vereins in die NS-Kulturgemeinde, die dann 1937 zusammen mit dem kulturellen Amt „Feierabend“ und der NS-Kulturgemeinde in die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ überging.
Im Oktober 1936 Wurde ein lustiger plattdeutscher Abend durchgeführt, jedoch war die Resonanz bei der Bevölkerung nur mäßig, obwohl Spitzenkomiker der damaligen Zeit auftraten. Die NS-Gemeinschaft KdF spielte im Winterprogramm 1937 (14.1.1938) das Stück „Jan un de Swindlerin“ von Schwensen.
Noch im gleichen Jahr fand anlässlich des Stadtfestes (zur Stadtwerdung) am 8. und am 14. August 1938 das plattdeutsche Stück „De Deerns ut’n Dorpkroog “ statt. Aufgeführt wurde im Schützenholz, von den Scheeßeler Beekscheepers.
Im Februar 1939 gastierte hier die Camper Speeldeel mit dem Stück „Familienanschluss“ von Karl Bunje. Beide Veranstaltungen (zum Stadtfest sowie die letztere) waren sehr gut besucht. Es waren jedes Mal über 300 Personen anwesend.
In den Kriegsjahren wurden noch einige Unterhaltungsabende durchgeführt, die meisten mit der NSG-KdF. Sie waren alle sehr gut besucht. Und es gab einige Aufführungen in Plattdeutsch. Mit der Zunahme des Flüchtlingsstromes aus den Ostgebieten ebbte das Interesse an Theateraufführungen ab: z.T. waren sie ab 1943 verboten, vor allen Dingen hatte man aber andere Sorgen. Nach dem Kriege war die Bevölkerung vollauf beschäftigt mit Aufläumarbeiten, Beschaffung von Lebensmitteln und Heizmaterial. Erst langsam begann wieder ein Vereinsleben.
Und 1952 war es dann soweit, dass Katharina Dreyer auch einen Plattdeutschen Verein ins Leben rufen konnte.
Von Klaus Heinzel.